Seiltanz zu zweit

Lecture Performance anlässlich des Kongresses Performative Philosophie 2013 im Stattbad Wedding

Seiltanz auf der Schwelle.

Die Schwelle ist schwer zu verorten, im strengsten Sinn ist sie gar nicht zu verorten. Sie bildet einen Ort des Übergangs, einen Niemandsort, an dem man zögert, verweilt, sich vorwagt, den man hinter sich lässt, aber nie ganz. Im Überschreiten der Schwelle befindet man sich nicht mehr hier und noch nicht dort. Ort und Zeit berühren sich.

Bernhard Waldenfels

Während genau 10 Minuten werden wir, Amelie Kornblum und Tamara Rettenmund (kornblum-rettenmund) den Versuch unternehmen im Stattbadpool auf einer imaginären Schwelle in einer Art Tableaux vivant  zu verharren.

Wir streben nach einer leiblichen Verdichtung von Ort und Zeit. Wir denken zwischen den Stühlen und tanzen zwischen Zeilen. Es ist nicht vorhersehbar ob wir aus Versehen die Schwelle in Besitz nehmen und sie sich auflöst. Es ist auch nicht abzusehen, ob der Moment sich ausdehnt zu einer Ewigkeit, zu tödlicher Langeweile oder ob sich am Ende doch noch alles in Schall, Nebel und Rauch auflöst.

Am ruhenden Punkt der kreisenden Welt weder Fleisch noch Geist;
Weder fort von ihm noch zu ihm hin; am steten Punkt ist der Tanz, doch weder im Einhalten
Noch in der Bewegung. Und nennt es nicht Stillstand,
Wo Vergangenes und Zukunft vereint sind. Weder Fortgehn noch Hingehn,
Weder Steigen noch Fallen. Wäre der Punkt nicht, der ruhende,
So wäre der Tanz nicht - und es gibt nichts als den Tanz.
Ich kann nur sagen: dort waren wir, doch nicht wo.
Ich kann nicht sagen, wie lange, denn das stellte es in die Zeit.

T.S. Eliot, aus Burnt Norton